Wunschzettel

Wir gehen auf Weihnachten zu und wie jedes Jahr leben wieder die alten und gewohnten Traditionen auf. Dazu gehört auch, dass Kinder einen Wunschzettel schreiben. Woher soll denn das Christkind sonst wissen, was es bringen soll. Eltern, Großeltern, Onkel und Tanten freuen sich über die mehr oder minder diskreten Hinweise. Ganz wichtig: als Eltern hat man
gelernt mit den Einkäufen zu warten. Denn bis Weihnachten gibt es oft noch manchen Wechsel bei den Wünschen. Historisch gesehen gibt es diese Wunschzettel schon ziemlich lange. Bereits im 17. Jahrhundert gibt es erste Aufzeichnungen. Damals hießen sie noch Weihnachtsbriefe und waren vorgefertigte Schreiben mit denen Kindern ihren Eltern Lob und Dank bis hin
zu Huldigungen aussprachen. Aus diesen Huldigungsschreiben wurden später Gedichte und Segenswünsche die in den Schulen vom Lehrer gestaltet und von den Schülern dann abgeschrieben wurden. Etwa um 1850 kippt dann der Weihnachtsbrief zum kommerziellen Wunschzettel. Aber auch zu dieser Zeit war es keine Erfindung der Kinder, sondern eine Idee der Spielwarenindustrie. Heute gibt es einige offizielle Weihnachtspostämter an die man seine Post schicken kann. In Deutschland kamen dort letztes Jahr mehr als 600.000 Briefe an. Die Klassiker der Kinderwünsche sind Spielkonsolen und Smartphones, aber – man höre und staune – immer auch noch das Kuscheltier. Nur sehr selten geht es um Dinge die nicht zu kaufen sind.

Wunschzettel sind also immer ein Spiegel der Zeit. Aber sie verraten auch viel über uns und unsere Geschenktradition und über unsere Lebenssituation. Wünsche sind aus unserem innersten geboren. Sie zeigen unsere Sehnsüchte auf. Aus ihnen wird ersichtlich welche Gedanken uns umtreiben. Hinter jedem Wunsch liegt die Selbsteinschätzung was mich glücklich machen würde. Das Spiel mit dem Wunschzettel verliert sich auch mit dem älter werden nicht. Noch heute stelle ich mir vor, was ich aufschreiben würde. Einen Wunsch erfüllt zu bekommen, diese Aussicht fordert uns heraus. Wahrscheinlich wäre alles zu finden, vom „großen Weltfrieden“ bis zum „kleinen Glück“, von „weißen Weihnachten“ bis zu „stresslosen Feiertagen“.

Wie lange ist es her, wann haben sie das letzte Mal einen Wunschzettel geschrieben? Vielleicht wäre jetzt die Gelegenheit wieder einmal einen zu schreiben. Das heißt nachspüren in uns selbst. Lernen unsere eigenen Wünsche zu buchstabieren. Aufrecht in uns hinein hören und das Gute von Bösem zu unterscheiden, denn Wünsche müssen nicht zwangsläufig gut sein.
Noch ein Gedanke drängt sich auf. Wenn alle einen Wunschzettel schreiben dürfen, dann darf auch Gott einen schreiben. Wie würde der wohl aussehen: „Liebes Christkind, es tut mir leid, dass ich dich so arm und schäbig auf die Welt geschickt habe.
Das hast du nicht verdient. Aber es geht wie bei allem in dieser Welt nicht darum, ob man etwas verdient hat oder nicht. Es geht darum aufrichtig zu sein und die Gebote zu halten. Letztlich wünsche ich mir von den Menschen nur, dass jeder seinen Nächsten so liebt wie sich selbst Gott.“

Liebe Gemeinde,
auch Kuratorinnen und Pfarrer haben Wunschzettel. Ich nehme an, dass ein Wunsch wäre, möglichst viele Gemeindemitglieder in den Feiertagsgottesdiensten begrüßen zu dürfen. Es wäre schön, wenn sich viele aufmachen würden. Kommen Sie, auch wenn sie schon lange nicht mehr oder noch nie da waren. Alle sind eingeladen, wir freuen uns auf jeden.
„Es ist für uns eine Zeit angekommen, die bringt uns eine große Freud…“
so singen wir in einem Weihnachtslied. Ich wünschen Ihnen, dass sie im Advent spüren, dass es eine besondere Zeit ist. Am Ende dieser Zeit steht Weihnachten als große Freude. Möge sich dieses Versprechen für alle erfüllen.